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Ein Haus ohne Heizung

 

Das Passivhaus ist ein besonders energie-effizienter Gebäudestandard. Das Prinzip ist einfach: Ein Passivhaus ist so konzipiert, dass es möglichst viel Energie aufnimmt und möglichst wenig verliert. Die Wärmeverluste werden so stark reduziert, dass eine herkömmliche Heizung nicht mehr nötig ist. Als Wärmequellen genügen Sonne und Erdwärme, sowie die Abwärme aller elektrischen Geräte, Lampen und Bewohner. Das Baukonzept gilt als behaglich, wirtschaftlich und umweltfreundlich zugleich. Es erfordert aber eine integrale Planung, bei dem von Anfang an Gestaltung, Konstruktion, Baumaterialien und Haustechnik auf einander abgestimmt werden. 

   Energieausweis Klasse A++ (Passivhaus), A+ und A (Niedrigstenergiehaus mit Passivhauskomponenten)

Grenzwerte Passivhaus

 

Der Baustandard ist klar definiert und international gültig. Ein Wohngebäude gilt als Passivhaus, wenn es folgende Anforderungen erfüllt:

  • Energiekennzahl < 15 kWh/m²a

Die Energiekennzahl (EKZ) – oder der Heizwärmebedarf (HWB) – bewertet die thermische Qualität eines Gebäudes. Der Wert wird in Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr angegeben. Die Berechnung erfolgt nach Passivhaus Projektierungs Paket (PHPP). Die Zahl sagt aus, wie viel Energie ein Haus pro Quadratmeter Fläche im Jahr für die Raumwärme benötigen würde, wenn es am Referenzstandort stünde. Damit eignet er sich bestens als Vergleichswert.

  • Heizlast < 10 W/m²

Die Heizlast ist jene Energiemenge, die erforderlich ist, um bei -10 °C Außentemperatur einen Raum auf 20 °C warm zu halten. Bei einer Heizlast von 10 Watt pro Quadratmeter könnte man mit einem 1,5 kW Radiator ein Haus mit 150 m² Wohnfläche beheizen. Man kann in einem Passivhaus jedes Heizsystem einbauen. Alternativ kann die Beheizung auch über die kontrollierte Wohnraumlüftung erfolgen. Die Kosten für Heizung und Wärmeverteilsystem entfallen in diesem Fall komplett. Das reduziert die Baukosten und macht das Konzept besonders wirtschaftlich.

  • Primärenergiebedarf < 120 kWh/m²a

Bei einem Passivhaus macht die Heizenergie nur einen kleinen Anteil der benötigten Gesamtenergie aus. Der Großteil des Energiebedarfs wird für Gebäudetechnik, Warmwasseraufbereitung und Haushaltsstrom verwendet. Energie sparen kann man mit LED-Lampen und modernen Haushaltsgeräten. Um den gesamten Verbrauch eines Hauses effektiv zu senken, braucht es eine Bewertung des Primärenergiebedarfs. Dies ist die gesamte Energiemenge, die zur Deckung des Endbedarfs benötigt wird einschließlich aller Energie, die bei der Gewinnung, Speicherung, Umwandlung und Verteilung verloren geht. 

  • PER-Faktoren (Primary Energie Renewable)

Mit den neuen Zertifizierungsrichtlinien möchte das Passivhaus Institut den Energieverbrauch von Gebäuden weiter senken und die Energieerzeugung vor Ort fördern. Der Primärenergiebedarf soll zu 100% aus erneuerbaren Energien gedeckt werden. Ein Teil der gewonnenen Energie kann direkt verwendet werden. Um Überschüsse in Zeiten eines geringeren Energieangebots zu übertragen sind Speicher nötig. Diese liefern Sekundärstrom, der mit Verlusten verbunden ist. 

Der spezifische Energieverlust einer Anwendung wird durch den jeweiligen PER-Faktor beschrieben. Der Haushaltsstrom ist im Jahresverlauf ziemlich konstant. Der PER-Faktor ist gering, denn es wird kaum Energie aus Speichern benötigt, wenn man die Primär-Energieerzeuger richtig dimensioniert hat. Geheizt wird dagegen nur im Winter. Um dann genügend Heizenergie zu haben, muss der Strom teilweise im Sommer gewonnen und verlustreich gespeichert werden, was zu einem hohen PER-Faktor führt.​

  • Blower-Door-Test n50 < 0,6/h

Die Gebäudehülle muss Luft- und Winddicht sein. Ein Blower-Door-Test kontrolliert während der Bauphase die luftdichte Hülle um ungewollte Fehlströmungen zu lokalisieren. Dies ist nicht nur für die einwandfreie Funktion der kontrollierten Wohnraumlüftung notwendig, sondern reduziert auch Wärmeverluste. Zudem trägt die Messung dazu bei, Bauschäden zu vermeiden und die Bausubstanz langfristig zu erhalten. Beim Test wird im Gebäude sowohl ein Über- als auch ein Unterdruck von 50 Pascal gegenüber der Außenluft erzeugt. Dabei strömt Luft durch undichte Stellen. Der Wert 0,6/h bedeutet, dass in einer Stunde 60% der gesamten Luft im Gebäude ausgetauscht wird. Je kleiner der n50-Wert, desto dichter ist das Gebäude.

Die neuen Passivhaus-Standards

Das Passivhausinstitut zertifiziert Gebäude unter Berücksichtigung der PER-Faktoren in drei Klassen: 

  • Passivhaus Classic: Primärenergiebedarf aus erneuerbarer Energie < 60 kWhᴾᴱᴿ/m²a

  • Passivhaus Plus: Primärenergiebedarf < 45 kWhᴾᴱᴿ/m²a, wobei das Gebäude – bezogen auf die überbaute Fläche – mindestens 60 kWh/m²a an erneuerbarer Energie produzieren muss. 

  • Passivhaus Premium: Primärenergiebedarf < 30 kWhᴾᴱᴿ/m²a, wobei das Gebäude mindestens 120 kWh/m²a an erneuerbarer Energie erzeugen muss. 

 

Bauliche Voraussetzungen

 

Wärmedämmung

Passivhäuser lassen sich sowohl in Holzbau- als auch in Massivbauweise errichten. Unsere Häuser haben im Schnitt eine Dämmstärke von ca. 25 cm in der Außenhülle. Der U-Wert gibt an wie viel Energie pro Grad Temperaturunterschied und Quadratmeter Außenfläche verloren geht. Je geringer der Wert ist, umso weniger Transmissionsverluste. Die U-Werte von Bodenplatte, Außenwänden und Dach müssen unter 0,15 W/m²K liegen. Bei Einfamilienhäusern wird aufgrund des ungünstigeren Flächen-Volumen-Verhältnisses ein Wert von 0,10 W/m²K empfohlen.

Wärmebrückenfrei

Alle Ecken, Kanten, Anschlüsse und Durchdringungen müssen sorgfältig geplant und ausgeführt werden. Wärme sucht den Weg des geringsten Widerstands um vom beheizten Raum in Richtung kalte Außenluft zu fließen. Ein erhöhter Wärmestrom verursacht erhebliche Energieverluste und führt zur Senkung der Oberflächentemperatur im Bereich der Wärmebrücke. Besonders Ecken und Kanten sind gefährdet, denn dort ist die Luftzirkulation grundsätzlich eingeschränkt. Trifft feuchte Innenluft auf kühlere Bauteile, kondensiert Wasser an der Oberfläche. Das kann zur kompletten Durchfeuchtung der Konstruktion und Schimmelbefall führen. 

 

Luft- und Winddichte Gebäudehülle

Auch Mängel in der luftdichten Gebäudehülle führen zu Energieverlusten und Bauschäden. Dabei können bereits winzige Öffnungen folgenschwere Auswirkungen haben. Wenn durch eine 1 m lange und 1 mm breite Fuge warme Luft nach außen strömt, können bis zu 360g Wasser pro Tag in die Konstruktion gelangen. Um Durchfeuchtung und entsprechende Folgeschäden zu vermeiden, müssen sämtliche Anschlüsse und Durchdringungen von Leitungen auf der Innenseite der Außenwand exakt abgeklebt werden. 

 

Passivhausfenster

Verglasungen in einem Passivhaus müssen einen U-Wert von maximal 0,8 W/m²K einhalten, um die Anforderungen an Behaglichkeit und Energieeffizienz zu erfüllen. Der niedrige U-Wert garantiert einen geringeren Energieverlust. Durch die 3-fach Verglasung sinkt die Oberflächentemperatur auf der Innenseite des Glases nie unter 15 °C. Den unangenehmen Kaltluftstrom, den man von älteren Fensterflächen kennt, gibt es bei Passivhausfenstern nicht. Gleichzeitig muss für ein Passivhaus sichergestellt sein, dass mehr Energie durch die Verglasung gewonnen wird, als durch sie verloren geht. 

 

Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung

Eine kontrollierte Wohnraumlüftung bewirkt eine konstant hohe Luftqualität im Innenraum. Bei geschlossenen Fenstern wird 24 Stunden am Tag und 365 Tage im Jahr schadstoff- und geruchsbelastete Luft aus den Wohnräumen abtransportiert und durch gefilterte Frischluft ersetzt. Komfortlüftungen müssen folgende Anforderungen an Behaglichkeit und Energieeffizienz erfüllen:

  • Bei -10 °C Außentemperatur darf die Zuluft-Temperatur am Luftauslass 17 °C nicht unterschreiten. 

  • Ein hocheffizienter Wärmetauscher überträgt die Wärme aus der Abluft auf die einströmende Frischluft, ohne die Luftströme zu vermischen. Die Energie geht nicht verloren, sondern verbleibt im Lüftungskreislauf des Hauses. Der effektive Wirkungsgrad der Wärmerückgewinnung muss mindestens 75% betragen, bei möglichst niedrigem Stromverbrauch für Ventilatoren und Steuerung. 

  • Die Anlage soll möglichst leise sein. Der Schalldruckpegel darf im Technikraum maximal 35 dB(A), in den Wohnräumen 25 dB(A) betragen.

  • Filter befreien die Frischluft von Schadstoffen, Feinstaub und Pollen. Insbesondere Allergiker profitieren von der sauberen Luft.

 

Erneuerbare Energie

Um das Ziel einer nachhaltigen Energieversorgung näher zu kommen, sollten Dach- und Fassadenflächen möglichst zur Energieerzeugung genutzt werden. Eine thermische Solaranlage kann mit 2-3 m² pro Person bis zu 60% des Warmwasserbedarfs decken. Die verbleibenden Flächen können mit Photovoltaikanlagen belegt werden. Der Passivhaus-Standard ist die Grundlage für die Realisierung von energieautarken Null- und Plusenergiehäusern.

 

 

Vorteile vom Passivhaus

 

Wirtschaftlichkeit

Betrachtet man die Gesamtkosten von Herstellung, Betrieb und Rückbau, sind Passivhäuser sicher die wirtschaftlichste Bauweise. Die Errichtungs- bzw. Sanierungskosten sind nur wenig höher als bei einem herkömmlichen Haus oder einem Niedrigenergiehaus. Dabei gilt: Je einfacher das Gebäude, umso geringer ist der Mehraufwand für die Passivhausqualität. 

 

Niedrige Betriebskosten

Die Heizkosten werden auf ein Minimum reduziert. Der gemessene durchschnittliche Jahresverbrauch bei einem Passivhaus liegt bei 1€ pro m². Ein Einfamilienhaus mit 150 m² hat – ohne Komfortverlust – Heizkosten in der Höhe von 12,50 € pro Monat.

 

Angenehmes Wohnklima

Ohne konventionelles Heizsystem oder Klimaanlage herrscht in einem Passivhaus das ganze Jahr über ein behagliches Raumklima. Bewohner empfinden die hohen Oberflächentemperaturen als äußerst angenehm. Zugerscheinungen und Kälteempfinden in der Nähe der Außenwände gibt es nicht. Im Sommer bleiben die Innenräume bei geschlossenen Fenstern und Außenjalousien auch bei großer Hitze angenehm kühl.

 

Umweltfreundlich

Passivhäuser tragen aktiv zum Klimaschutz bei, weil der Restenergiebedarf zu 100% aus erneuerbarer Energie gedeckt werden kann. Dies bedeutet nicht nur eine Reduktion der CO₂-Emissionen, sondern vor allem auch eine komplette Unabhängigkeit von Gas, Öl oder anderen Brennstoffen. 


Wertbeständig

Seit 2014 muss EU-weit für jedes Gebäude ein Energieausweis erstellt werden, damit die Energieklasse ersichtlich wird. Beim Kauf spielen die Betriebskosten eine wichtige Rolle. Bei steigenden Energiekosten werden Passivhaus-Immobilien mit einer Energiekennzahl A+ zunehmend gefragt sein und im Wert steigen.

 

Nachteile

 

Keine variablen Temperaturen im Haus

Die Raumtemperatur ist in einem Passivhaus annähernd überall gleich, obwohl man es sich vielleicht im Bad etwas wärmer und im Schlafzimmer etwas kühler wünscht. Im Winter ist ein nächtliches Kippen der Fenster nicht möglich, da sich sonst die kalte Luft im ganzen Haus verteilt. Die Komfortlüftung versorgt die Schlafräume optimal mit frischer Luft. Kurzes Stoßlüften reicht in der kalten Jahreszeit aus, um die Temperatur im Schlafzimmer zu senken. Im Sommer, wenn die Heizung nicht läuft, kann man die Fenster wie gewohnt öffnen.

Trockene Luft 

Im Winter wird die Luft in Häusern mit einer Lüftungsanlage oft als zu trocken empfunden. Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Luft durch das Fenster oder die Lüftungsanlage in den Raum kommt. Das subjektive Empfinden entsteht meist dadurch, dass im Winter konventionell zu wenig gelüftet wird. Die Luftqualität ist schlechter, der Feuchtegehalt aber höher. Wenn Sie richtig und ausreichend über die Fenster lüften, wird sich dieselbe Luftfeuchtigkeit einstellen wie bei einer Lüftungsanlage. 

Einschränkung in der Architektur

Bei der Planung von Häusern in den neuen Passivhaus-Standards Classic, Premium und Plus müssen wir in der Gestaltung Rücksicht auf die energetischen Vorgaben nehmen. Maßgeblich für die Architektur ist in erster Linie die Energiebilanz, die Optik kommt erst an zweiter Stelle. 

Ein Passivhaus bedingt eine kompakte Bauweise, denn die Wärme geht über die Außenflächen verloren. Deswegen soll das Flächen-Volumen-Verhältnis möglichst klein sein. Ein einfaches, quadratisches Gebäude verliert wesentlich weniger Energie, als ein Gebäude mit Auskragungen und Einschnitten. Auch die Größe spielt eine Rolle: Eine Wohnanlage oder ein Mehrfamilienhaus lässt sich leichter als Passivhaus realisieren als ein Einfamilienhaus. Unsere Mehrfamilienhäuser haben eine Energieklasse von A+ bis A++, unsere Einfamilienhäuser bewegen sich in der Klasse A und werden offiziell als Niedrigstenergiehäuser mit Passivhauskomponenten bezeichnet.

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